Spurensicherung im Leichenschauhaus – Polizeidienst veränderte mein Leben
Florentine P. war als Mitarbeiterin der Polizei, im kriminaltechnischen Untersuchungsteam des Landeskriminalamtes HH, tätig.

Ihre Arbeit galt den vielen Menschen die missbraucht, verletzt oder getötet wurden. Jeder Fall motivierte Florentine und ihre Kollegen dazu eigene Bedürfnisse in den Hintergrund zu stellen. Den Fall aufklären, Spuren suchen und sichern, Hinterbliebenen Antworten geben und ihnen einen Abschluss ermöglichen, Frieden finden zu können.
In ihrem Berufsalltag Spurensicherung erlebte Florentine unzählige Einsätze die sich tief in ihre Seele brannten. Dank der polizeiinternen Interventionsmaßnahmen und dem Zusammenhalt im Kollegenkreis konnte sie viele der berührenden Eindrücke und damit verbundene Emotionen verarbeiten.
Dies änderte sich im Jahr 2020 unvermittelt und abrupt. Von einer Minute auf die andere war ihre komplette Welt aus den Fugen geraten.
Die 47-jährige erinnert sich heute verzweifelt zurück. Ihre Arbeit, all die Jahre ihres Engagements. Sie ringt nach Worten. Mit Tränen in den Augen berichtet sie von dem Tag als sich alles veränderte. Der Tag der sich tief in ihre Seele gebrannt hat. Bilder die ständig unkontrollierbar wieder in ihr hochkommen.
Fast 3 Jahre ist es her.
Florentine P. sollte sie mit ihrem Team am 30. Mai 2018 in der Gerichtsmedizin des UKE HH Fingerabdrücke an zwei Leichen sichern. Ihr Team betrat die Rechtsmedizin und vor ihren Augen lagen stark mumifizierte Leichen. Warum ihr ausgerechnet der Anblick dieser Leichen so sehr zu schaffen machte, kann sie rückblickend nicht sagen. Sie erzählt und wir sehen wie ihr Körper arbeitet. Ihre Augen füllen sich mit Tränen, sie ringt mit den Worten.
„16 Jahre Dienst für das Recht der Menschen. Jeder Einsatz um Antworten zu finden, Verbrechen aufzuklären und Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen zu erreichen. Und das alles zerstört, an diesem einen Tag!“
Kämpferisch reckt Florentine den Kopf, Assistenzhund Major lag die ganze Zeit neben ihr. Immer wieder hebt er den Kopf, schaut zu der tapferen Frau, die ihre eigene Gesundheit für das Recht Anderer einsetzte. Als die Tränern kommen ist Labrador Major bei ihr. Er stupst mit der Schnauze gegen ihre Hand. Er drückt sich mit seinem Körper an sie und unbewusst fängt sie an Major zu streicheln.
Wir sehen wie Ruhe in ihre Augen kommt, der Körper sich entspannt.
Nach ein paar Minuten berichtet Florentine von ihrem Assistenzhund Major. In ihrer Stimme schwingt Bewunderung und Dankbarkeit.
Major genießt ihre Streicheleinheiten. Sein Kopf liegt auf ihrem Schoß.
Labrador Major ist Assistenzhund für Florentine P., die durch eine Doppeltraumatisierung in ihrem Beruf Spurensicherung an einer Traumafolgestörung erkrankt ist. Posttraumatische Belastungsstörung.
Diese Diagnose veränderte ihr Leben. Eine normale Reaktion auf ein nicht alltägliches Ereignis – schrecklich, belastend, erschütternd. Angst, Unruhe, Wut, Panikattacken, Rückzug, Hilflosigkeit und depressive Phasen – viele Emotionen und Einschränkungen beherrschen seitdem ihr Leben.
„Ich konnte noch nicht mal einkaufen gehen!“, kopfschüttelnd erzählt sie von den Tagen, Wochen und Monaten nach dem traumatischen Erlebnis.
Ständig stehe sie „unter Strom“. Sie schaut sich immer wieder um, checkt ihre Umwelt. Menschenmengen kann sie schwer ertragen, Personen die ihr unvermittelt zu nahe kommen versetzen sie in Panik. Dunkelheit, viele Lichter, dunkel gekleidete Personen, Menschen die an ihr vorbeilaufen und die Hände in den Taschen haben. Selbst die Masken wegen Corona machen ihr das Leben jeden Tag schwer. Manchmal sind es völlig zusammenhanglose Dinge wie Plakate, Bilder, Zeitungsberichte, Geräusche oder Gerüche. Dann verschwimmt ihre Umwelt, sie gerät in einen Strudel, verliert die Kontrolle und dann wird es dunkel um sie herum.
Ihren Beruf kann sie nicht mehr ausüben. In den ersten Monaten und Jahren zog sie sich immer mehr zurück, isolierte sich von ihrer Umwelt. Auf andere Menschen wirkte sie komisch, eigenwillig, fremdartig. In Situationen in denen sie „entgleiste“ war sie auf Hilfe durch Dritte angewiesen. Eine schier ausweglose Situation, versetzten sie doch fremde Personen noch mehr in Panik.
Und dann erfuhr sie von der Unterstützung durch einen Assistenzhund bei PTBS. Florentine fuhr nach Cammin in Mecklenburg-Vorpommern. Dort informierte sie sich bei Rehahunde Deutschand e.V. über deren gemeinnützige Arbeit und das Engagement in der Versorgung mit dem Hilfsmittel Assistenzhund.
„ Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass ein Hund in der Lage sein würde, mich aus der Dunkelheit wieder ins Licht des Lebens zu holen. War meine Seele doch schon so lange Zeit dem Tod näher als dem Leben!“
Astrid Ledwina, die Vorsitzende des Vereins Rehahunde Deutschland e.V., und ihr Team nahmen sich sehr viel Zeit um Florentine umfassend über die Arbeit des Vereins und die Ausbildung von Assistenzhunden zu informieren.
„Als die Hunde zu uns kamen spürte ich, wie plötzlich Sonnenstrahlen in meine Seele traten. Es war auf einmal alles leicht und ich wurde von den Hunden komplett abgelenkt.
„Sie lächeln! Das ist wunderbar“, hörte ich plötzlich. Ich hielt inne und stellte fest, dass ich wirklich vor mich hin lächelte.“, erzählt Florentine. Und wir sehen wie ein Lächeln in ihre Augen tritt.
Dann berichtet uns Florentine von der Ausbildung ihres Assistenzhundes.
Assistenzhunde sind Hunde mit einer speziellen Ausbildung, die ihren Menschen mit einer Schwerbehinderung oder chronischen Erkrankung im Alltag und der Teilhabe am Leben durch Assistenzleistungen unterstützen. Labrador Major begleitet im Alltag. Er sorgt durch Abblocken dafür, dass ihr persönlicher Distanzbereich eingehalten wird. Sie erklärt, dass Major sich dann zwischen sie und die andere Person setzt. Im Notfall bringt er Medikamente und führt bei Panikanfällen aus den Situationen heraus zu einem sicheren und ruhigen Ort.
Major hat seine Assistenzhundeausbildung und beide zusammen ihre Teamausbildung absolviert. Hierzu gehört auch, dass ein Sachkundenachweis abgelegt wird.
Die Ausbildung wird derzeit noch ncht durch die GKV getragen. Mit der seit Juli 2021 in Kraft getretenen Änderung des Bundesteilhabegesetzes ist zumindest schon die Zutrittsberechtigung für Assistenzhunde in Deutschland geregelt.
Florentine P. hat mit Assistenzhund Major einen treuen Begleiter und ein zwingend notwendiges medizinisches Hilfsmittel an ihrer Seite durch den sie wieder mehr Autonomie erlangen wird.
Wir haben im Gespräch einen tiefen Einblick in die Erkrankung einer PTBS bekommen. Wir durften erleben und haben verstanden, wie verzweifelt eine Frau die vor einigen Monaten noch mitten im Berufsleben stand, durch die Hilflosigkeit ist.
Florentine P. ist auf die Unterstützung durch Spenden angewiesen.
Florentine riskierte für Recht und Sicherheit in Deutschland ihre Gesundheit. Ihre Seele hat schweren Schaden erlitten.
Sie hat viel gegeben – jetzt liegt es an uns allen, ihr etwas zurückzugeben!
Unterstützen Sie Assistenzhund Major mit einer Spende:
Rehahunde Deutschland e.V.
Volks- und Raiffeinsenbank Rostock
IBAN: DE 02130900000272534118
BIC: GENODEF1HR1
Verwendungszweck: „Assistenzhund Major- Florentine HH“